Kennst du diese Situationen als Lerntrainer, Elternteil, Ergotherapeut oder Pädagoge bei Kindern mit Legasthenie?

  • Die Kinder kämpfen sich durch jeden einzelnen Buchstaben eines Wortes und es hört sich deshalb fürchterlich abgehakt an.
  • Die Kinder lesen Silbe für Silbe und verstehen das Wort trotzdem nicht.
  • Die Kinder lesen sich einen Text gefühlte hundertmal durch und kapieren den Inhalt einfach nicht.
  • Die Kinder schreiben einen Aufsatz, eine Text oder ein Diktat und nach der Korrektur kann man meistens ausser der Farbe Rot nichts erkennen?

Das sind nur einige der wenigen Hürden, die Kinder mit Lese- und Rechtschreibproblemen meistern müssen.

Durch diese enormen Anforderungen, die sie zusätzlich zum „Leistungsdruck“ haben, führt es oftmals dazu, dass die Kids traurig, demotiviert, lustlos oder in der entgegengesetzten Richtung aggressiv, unzufrieden uvm. werden. Das lässt sich sehr gut nachvollziehen. Denn wenn man immer sein Bestes gibt, sich anstrengt, lernt und dann bei der „Probe“ oftmals nur eine 4 oder gar eine 5 rausspringt.

Ich denke uns würde es nach einer Zeit des vergeblichen Bemühens auch so gehen, oder?

Zusammen mit Petra Rodenberg, meiner Kollegin vom Lern-Ort, spreche ich in unserem wöchentlichen LernFlow Video über das Thema Legasthenie. Das Video findet ihr am Ende des Beitrags.

Legasthenie-Petra Rodenberg und Andrea Schmalzl

Auch wenn ich selbst Legasthenietrainerin bin und jeden Tag Kids mit diesen Hürden unterstütze, war ich total froh meinen Blick wiedermal neu auszurichten und zu fokussieren, da man oftmals einfach „betriebsblind“ wird. 🙃 Nicht dass meine Arbeit schlechter wird. Sondern ab und zu braucht man einfach mal wieder Input, Tipps & Tricks von außen, um das scheinbar „Vergessene“ wieder aufzufrischen. So könnt ihr euren 360 Grad Blick auf das Kind wieder schärfen.

Wann spricht man von einer Legasthenie bei Kindern oder einer Lese-Rechtschreib-Störung (LRS) und welche Ursachen gibt es?

Beide Diagnosen zeichnen sich dadurch aus, dass die Fähigkeiten des Kindes im Lesen und Rechtschreiben nicht auf dem zu erwartenden Niveau liegen. Das heißt, dass das Kind auf anderen Gebieten eine der Entwicklung entsprechende oder auch überdurchschnittliche Intelligenz zeigt, nur eben beim Lesen und Schreiben starke Probleme hat.

Kinder mit Legasthenie ganzheitlich fördern

Genau deshalb ist es umso wichtiger Kinder mit Legasthenie ganzheitlich zu fördern und zu begleiten. Klar können wir als Legasthenie Trainer die ganze Problematik nicht „wegzaubern“. Aber wir können Kinder mit Legasthenie so coachen, dass sie Lösungen und Ansätze bekommen, um sich beim Lesen und der Rechtschreibung zu verbessern. Zusätzlich können wir dafür sorgen, dass es ihnen einfach besser geht, nachdem sie ja oftmals jahrelang eins auf „die Mütze“ bekommen haben und so der Selbstwert entsprechend darunter gelitten hat.

Genau für diese Unterstützung ist ein ganzheitlicher Blick auf das Kind wichtig und unabdingbar.

9 Tipps für Kinder mit Legasthenie

Deshalb möchte ich zum Thema Legasthenie bei Kindern 9 Ansätze herausgreifen, die in einem Lese- und Rechtschreibtraining keinesfalls fehlen sollten.

1. Grundlegendes und fundiertes Wissen als Basis

Das ist der Grundfundament eins guten Trainings, ohne die es nicht geht. Dazu gehört neben umfangreichem Wissen zum Thema Legasthenie, die umfassende Fähigkeit eine klare Förderdiagnostik durchführen und interpretieren zu können, damit auf Grundlage dessen eine optimale Förderplanung entstehen kann. Hierfür ist natürlich das perfekte Fördermaterial ein Muss.

2. Das richtige Mindset des Kindes mit Legasthenie

Das Selbstbild kann Kindern helfen oder sie ausbremsen. Deshalb ist es wichtig daran ebenfalls bei dem Training und der Unterstützung zu arbeiten.

Ansonsten fährt das Kind immer mit „angezogener Handbremse“ und wird sein Potenzial, das in ihm steckt, nicht optimal entfalten können.

Zum Thema Mindset findest du in meinem Blog auch einen interessanten Artikel, der dir Tipps & Tricks gibt, wie du an dieses Thema rangehen kannst.

Hier geht´s zum Blogartikel Mindset

3. Eine gute Beziehung

Beziehungen erleichtern das Lernen und Lehren und wenn sie noch dazu gut sind, ist das die perfekt Voraussetzung für ein gelingendes Legasthenie-Training. Dabei sind aber nicht die Kinder in der Bringschuld, sondern wir Trainer, Lehrer oder Eltern. Hierzu sind die richtigen Kommunikationstools, ausgewählte Fragetechniken und aktives Zuhören absolut wichtig. Wertfreiheit und Augenhöhe machen einen weiteren Teil der Beziehungsarbeit aus. Nur wenn ein Kind sich nicht bewertet oder gar abgewertet fühlt, kann es Vertrauen aufbauen.

4. Zielarbeit

Zielarbeit ist eines der mächtigsten Tools überhaupt. Bevor wir im Training davon profitieren können, müssen wir erstmal das Definieren anfangen, bevor wir losstarten können. Ein Ziel sollte. . .

  • dem Kind machbar erscheinen! (siehe Zutat 2 Selbstbild)
  • ein wenig herausfordern!
  • eine gewisse Wichtigkeit haben!
  • messbar sein. Also wann ist das Ziel erreicht?

Gerade bei Kindern, die schon einige Misserfolge einstecken mussten, erfordert Zielarbeit Fingerspitzengefühl. Aber es lohnt sich!

5. Erfolge feiern!

Erfolg bedeutet gesetzte Ziele zu erreichen. Das Gleiche gilt für den Lernerfolg: Lernerfolg bedeutet das Erreichen von Lernzielen.

Gute Zielarbeit erleichtert es den Kindern Lernerfolge für sich zu verbuchen! Sobald ein präzise gesetztes Ziel in der Dyskalkulie- oder LRS-Therapie erreicht wurde, wird gefeiert. Natürlich gehören dazu auch die Fragen: Was hat den Erfolg möglich gemacht? Was hat dem Kind geholfen? Also Reflexion über den Erfolg und über all das mega Wissen, welches sich das Kind angeeignet hat!

Am Besten ist es:

  • die Ziele zu visualisieren
  • das erreichte Ziel abzuhaken und
  • Erfolg zu feiern.

6. Motivation für Kinder mit Legasthenie

Es gibt viele Motivationsfaktoren für Kinder. Einer davon ist mit Sicherheit Erfolg. Darum ist es auch super wichtig, dass wir den Kindern ihre Erfolge zeigen. Oft sehen sie sie gar nicht mehr und machen sich selber klein. Du siehst wie die Zutaten ineinander greifen? Selbstbild, Ziel und Erfolg.

7. Misserfolgsstrategien

Egal wie Kinder ihre Hausaufgaben machen und alle Zutaten in einem schönen Förderkuchen verpacken, Misserfolge bei Kindern mit Legasthenie kann man nicht vermeiden. Das wäre auch zu unrealistisch. Wir alle haben Momente, in denen wir scheitern und Fehler machen. Wie schon ein altes Sprichwort sagt:

Aus Fehlern wird man klug!

Der Fehler ist nicht das Problem – sondern der Umgang damit. In der Schule sind Fehler oft etwas Schlimmes. Sie zeigen dem Kind nicht den nächsten Lernschritt, sondern dass es Defizite hat. Darum gehört der Umgang mit Fehlern zu einem guten Lerntraining dazu. Erst wenn das Kind sieht, dass es den Fehler nutzen kann, kann es aus ihm lernen.

8. Lernblockaden und andere Stolpersteine bei Kindern mit Legasthenie

Oh, ja Stolpersteine können Erfolge ganz schön hinauszögern oder gar verhindern. Solche Stolpersteine können entwicklungsbedingt sein oder durch viele Misserfolge entstehen. Ein unbedachter Kommentar aus dem Umfeld, der sich evtl. ins Unterbewusstsein gesetzt hat und das Selbstbild blockiert, kann ebenso Schuld sein wie die Angst dumm dazustehen.
Stolpersteine bei Legsthenie können zum Beispiel sein: Probleme mit den Augen, visuelle und auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörungen, ADHS. Therapeuten sollten sich in diesem Feld auskennen und ein Netzwerk von guten Fachleuten haben, mit denen sie in solchen Fällen zusammenarbeiten können. Denn man kann nicht in allen Fällen Experte sein.
Ganzheitliches Lerntraining hat viele Facetten.

9. Konzentration

Konzentration ist ebenso wichtig bei Kindern mit Legasthenie, da es so wahnsinnig viele Faktoren gibt, die diese Fokussierung beeinträchtigen können.

Aber nichts desto trotz ist es so, dass wir häufig nur Konzentration einfordern, statt konkrete Handlungsanweisungen zu geben. Oft wird dabei die Aufmerksamkeitsspanne der Kinder nicht berücksichtigt.
Diese können wir jedoch steigern. Atemübungen, Übungen aus der Kinesiologie, Bewegungsübungen, Fantasiereisen und vieles mehr, können die Kinder unterstützen. Hier sollte sich der Lerntrainer einen guten Fundus an geeigneten Übungen zulegen. Diese Zutat darf auf gar keinen Fall fehlen.

Möchtest du weiteres interessantes Wissen zum ganzheitlichen Unterstützen fördern und begleiten von Kindern, dann lade ich dich ganz herzlich zu unserem LernFlow Mini-Kurs ein.

LernFlow Video zum Thema Legasthenie bei Kindern

Zusammen mit Petra Rodenberg vom Lern-Ort spreche ich in der LernFlow Video-Serie zum Thema Legasthenie.

Kennst du schon meinen RelaxKids Minikurs?